Show `n` shine

Lassen wir mal für einen ganz kurzen Augenblick den Schimmel, den Diesel, den Kabelsalat, das Wasser im Schiff und den Gestank auf dem Segelboot Pernod beiseite und besinnen uns auf das, was wir ursprünglich planten: wir renovieren das Schiff so, dass es mit gutem Gewissen an fremde Segler verchartert werden könnte. Wohlgemerkt könnte. Das beinhaltet weitestgehend selbsterklärende Handhabung, funktionierende Technik, State of the Art-Sicherheit, einen gewissen Komfort und penible Sauberkeit. Mit dieser ich-mach-das-nicht-für-mich-sondern-für-jemand-anderen-Sichtweise verändert man die Perspektive zum Boot und gewinnt Abstand; es ist nicht mehr mein Schiff, an dem ich herumschraube, sondern es ist ein Schiff, das ich zum Laufen bringen muss. Es ist nur ein Job.

Aufgeben ist also scheinbar keine Option. Mit Atemschutzmasken, Brechstange, Vorschlaghammer und den auf linksdrehend eingestellten Akkuschrauber machten wir uns auf den Weg zum Boot. Nach ein paar Stunden Arbeit war Maria und mir klar, dass nicht nur ein bisschen, sondern alles aus dem Schiff entfernt werden muss, denn je weiter wir vorankamen, desto mehr Spack kam zum Vorschein.

Mit Spachtel und Feinstaubmaske - Maria entfernt die verschimmelten Klebereste vom Teppichboden im Salon

Wir haben aus der alten "Pernod" nur das Nötigste entfernt: alles

Über und unter Deck wird Mist entsorgt

(Fast) Klar zum Auslaufen
Allein die Vorschiffskoje sah auf den ersten Blick zunächst ganz gut aus. An den Bordwänden fand sich wieder aufgeklebte Teppichboden-Auslegeware und Polster auf Lattenrost. Aber da wir mittlerweile ein klitzekleines bisschen misstrauisch geworden sind, gingen wir die Untersuchung mit nicht allzu hohen Erwartungen an. Tatsächlich fanden sich unter einer Ecke wieder Stockflecken und Schimmel. Um den Teppichboden von der Wand zu entfernen, mussten wir auch die Schränke in der Bugkabine rückbauen, die Maria über die Steuerbordseite der Schwerkraft übergab.

Show `n shine - Die Vorschiffskoje am Bug des Segelschiffes "Pernod": Umrahmt von schicker Teppichboden-Auslegeware findet sich Dekostoff auf ein Stück Holz getackert...
...leider sieht der Blick hinter die Kulissen nicht so gut aus: durchgegammeltes Bugschott mit Wassereintritt. 
Wenn man früher aufblühende Roststellen an einem Auto hatte, das man zum Verkauf anbieten wollte, klebten einige besonders findige Zeitgenossen irgendwelche Aufkleber auf diese Stellen um diese Schäden zu kaschieren. Wenn der Käufer später den Aufkleber entfernen wollte, hatte er den Salat: haha reingefallen, gekauft wie gesehen; soll doch der Käufer hingucken, wenn er was kauft. Klar, diese Art Täuschung war menschlich gesehen eine Schweinerei und juristisch nennt man das wohl Verschweigen verborgener Mängel. Darüber kann man sich aufregen und Schadensersatz fordern oder man kann den Schaden einfach beheben. Was geht schneller?

Nach zwei Tagen Arbeit ist der Schrotthaufen um das Schiff auf erstaunliche Größe angewachsen. Zu dem gesamten Interior gesellte sich bald die Kühlbox samt Kompressor und circa zehn Kilogramm Elektrokabel.

An Bord ist uns zunächst kalt. Es ist ungemütlich, feucht und dunkel. Auf der Mitbringliste ganz oben steht ein Radiator und ein Radio.

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